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038 - Ein Gegengewicht zum Weltschmerz - Weltvertrauen

  • Autorenbild: Ronny
    Ronny
  • 11. Okt.
  • 9 Min. Lesezeit

Die Gedankentropfen zum Hören


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Ein Gegengewicht zum Weltschmerz - Weltvertrauen

 

Ein Thema, das immer wieder in meinen Kursen und als Wunsch für die Gedankentropfen auftaucht, ist die Frage:

 

Wie geht man mit Weltschmerz um?

 

Lange habe ich gezögert, dieses Thema aufzugreifen.

 

Denn oft ist es sensibel, polarisierend, und ich möchte mich lieber auf zeitlose, verbindende Themen konzentrieren.

 

Deshalb geht es auch diesmal nicht um konkrete Ereignisse, sondern um das, was darunterliegt: das Grundgefühl, das viele Menschen immer wieder begleitet.

 

Denn Weltschmerz beschäftigt die Menschheit schon immer – mal mehr, mal weniger.

 

Ganz offen: Ich traue mir nicht zu, jemanden von Weltschmerz zu befreien.

 

Aber ich kann teilen, wie ich selbst damit umgehe – in der Hoffnung, dass auch für dich ein Gedanke dabei ist.

 

Nachrichten bei Oma

 

Ich erinnere mich gut an die Besuche bei meiner Oma. Im Fernseher liefen fast häufig die Nachrichten, die ich aufmerksam verfolgte.

 

Mein Onkel, der manchmal daneben saß, kommentierte jedes Mal dasselbe: „Das schaue ich nicht – da kommt doch nur Negatives. Was habe ich davon?“

 

Für mich klang das wie eine Provokation. Wie konnte man bei all den wichtigen Themen einfach wegschauen?

 

Ich hielt ihn für ignorant. Heute glaube ich, dass er eigentlich etwas anderes meinte – er hat es nur nie ausführlich erklärt. Dazu später mehr.

 

Über das, was uns entgeht

 

Damals verstand ich nicht, was mein Onkel meinte.

 

Heute weiß ich: Manchmal sehen wir nur das, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten – und übersehen dabei alles andere.

 

Ein Experiment aus Harvard macht das auf eindrückliche Weise sichtbar.

 

1999 führten die Psychologen Daniel Simons und Christopher Chabris ein Experiment durch, das später weltberühmt wurde.

 

Die Aufgabe war simpel: In einem kurzen Video spielen zwei Teams Basketball – eines in weißen, das andere in schwarzen T-Shirts.

 

Gezählt werden sollte nur, wie oft das weiße Team den Ball passt.

 

Falls du das Experiment nicht kennst und es selbst ausprobieren möchtest, bevor du die Auflösung liest findest du das Video hier. Das Video geht nur 36 Sekunden lang.

 

Mitten im Spiel läuft plötzlich eine Person im Gorilla-Kostüm durchs Bild, bleibt kurz stehen, trommelt sich auf die Brust und geht wieder hinaus.

 

Und doch: Rund die Hälfte der Zuschauer bemerkt den Gorilla nicht.

 

Simons und Chabris wollten damit zeigen, wie selektiv unsere Wahrnehmung ist – und dass wir selbst etwas Offensichtliches übersehen können, wenn unsere Aufmerksamkeit fest gebunden ist.

 

Zwischen Pässen und Gorilla - Eine Einladung zum Umdenken

 

Ich stelle mir heute manchmal vor: Mein Onkel war der Einzige, der auch den Gorilla sah, während wir anderen gebannt die Pässe zählten und ihn nicht wahrnehmen konnten.

 

Vielleicht funktioniert unsere Wahrnehmung der Welt ähnlich. Wir achten vor allem auf das Drängende, Bedrohliche, Lautstarke.

 

Das Leise, Erfreuliche, Fortschrittliche übersehen wir leicht.

 

Darum möchte ich dir die nächste Frage nicht als Behauptung, sondern als Einladung zum Nachdenken geben:

 

Was wäre, wenn die Welt gar nicht so hoffnungslos ist, wie viele von uns sie meistens wahrnehmen – selbst dann, wenn die Nachrichten Tag für Tag Negatives zeigen?

 

Glück und Zufriedenheit
Ein Gegengewicht zum Weltschmerz - Weltvertrauen

Alarmglocken im Kopf

 

Warum übersehen wir den Gorilla so leicht – nicht nur im Experiment, sondern auch im echten Leben?

 

Unser Gehirn ist nicht darauf ausgelegt, das Positive klar zu sehen. Es ist darauf trainiert, Gefahren zu erkennen.

Dafür gibt es mehrere Gründe:

 

  • Negativity Bias: Wir sind evolutionär darauf programmiert, Bedrohungen stärker wahrzunehmen als Chancen. Wer die Gefahr übersehen hat, hat in der Steinzeit nicht lange überlebt.

     

  • Medien: Nachrichten berichten, was brennt, nicht, was leise gedeiht. Fortschritt ist oft unspektakulär und verteilt sich über Jahre – Katastrophen passieren plötzlich.

     

  • Nähe vs. Weite: Negatives berührt uns emotional direkt. Positiver Wandel wirkt abstrakter – eine über Jahrzehnte sinkende Kindersterblichkeit in Asien fühlt sich weit weg an, während ein Krieg in der Nähe sofort emotional in unser Wohnzimmer kommt.

     

  • Selektive Wahrnehmung: Unser Gehirn hat die Tendenz, bestimmte Eindrücke stärker zu gewichten als andere. Wer mit negativen Gedanken beschäftigt ist, bemerkt leichter alles, was dazu passt – während Positives in den Hintergrund rückt.

     

Das heißt: Menschen sehen das Positive manchmal nicht, weil es unauffälliger, langsamer und weniger emotional geladen daherkommt – und weil unser Gehirn mehr auf Alarmglocken als auf Hoffnung gestimmt ist.

 

Man könnte es auch so formulieren:

„Das Gute in der Welt ist wie das Wachsen eines Baumes: still, beständig, kaum bemerkbar von Tag zu Tag.

 

Das Schlimme ist wie ein Sturm: laut, zerstörerisch, sofort spürbar.

 

Kein Wunder, dass wir den Sturm stärker wahrnehmen.

 

Ein Gegengewicht zum Weltschmerz  - Weltvertrauen

 

Heißt das, wir sollten das Negative übersehen? Natürlich nicht. Es sind echte Probleme, die unsere Aufmerksamkeit verdienen.

 

Doch die Botschaft dieses Gedankentropfens ist eine andere:

 

Balance finden. Dem Weltschmerz ein Gegengewicht geben – Weltvertrauen.

 

Das fällt schwer, weil unser Gehirn auf Probleme geeicht ist und wir in einer Informationswelt leben, die dieses Muster noch verstärkt.

 

Schlagzeilen zeigen vor allem das Drängende, das Schockierende.

 

Fortschritt dagegen, der langsam, fast unsichtbar geschieht– geht im Lärm unter.

 

Was wir wirklich sehen könnten

 

Um diese Balance zu spüren, lohnt sich ein Blick auf die andere Seite: auf das, was sich still verbessert hat, ohne große Schlagzeilen zu machen..

 

Stell dir vor, die letzten Jahrzehnte wären aus dem Gedächtnis gelöscht.

 

Nach einem langen Aufenthalt auf einem weit entfernten Planeten ohne News von der Erde kehren wir zurück.

 

Mit frischem Blick und dem Wissen darum, wie leicht unser Gehirn in den Strudel negativer Nachrichten gerät.

Ohne diesen Filter, ohne die ständige Dosis Pessimismus: Wie würden wir die Welt dann sehen?

Vielleicht entdecken wir mehr Gründe für Vertrauen, als wir je gedacht hätten.

 

Seit 1980 hat sich nämlich vieles verbessert – weit mehr, als mir bewusst war.

 

Als ich die Zahlen zum ersten Mal gesammelt habe, war ich selbst überrascht.

 

Und falls dir etwas unglaublich vorkommt: Sie lassen sich nachprüfen.

 

Wenn Fortschritt übersehen wird – wie der Gorilla

 

Seit meiner Geburt im Jahr 1980, also innerhalb eines halben Menschenlebens, sank die Kindersterblichkeit global von 115 auf 37 pro 1.000 Geburten.

 

Die Müttersterblichkeit fiel von 422 auf 197 pro 100.000. Die Lebenserwartung stieg von 62 auf 73 Jahre.

 

Der Anteil extremer Armut verringerte sich von etwa 40 Prozent auf unter 10 Prozent.

 

Verfügten 1980 nur etwa 20 Prozent der Menschen über eine eigene Toilette, sind es heute rund 57 Prozent.

 

Und während damals nur etwa 60 Prozent der Mädchen eine Schule besuchten, liegt dieser Anteil inzwischen bei über 90 Prozent.

 

Hinter diesen Zahlen stehen Gesichter. Millionen Kinder, die heute überleben dürfen.

 

Familien, die nicht mehr jede Geburt fürchten müssen. Menschen, die lesen lernen, Strom haben, Zugang zu Wasser und damit überhaupt erst Chancen.

 

Der Fortschritt ist nicht abstrakt – er verändert das Leben von Milliarden Menschen Tag für Tag!

 

Und mehr ließe sich nennen: Millionen Kinderleben, die Impfprogramme seit den 1980ern gerettet haben.

 

Naturkatastrophen, die zwar weiterhin geschehen, heute aber deutlich weniger Todesopfer fordern.

 

Milliarden Menschen, die in dieser Zeit Zugang zu Elektrizität und später auch zum Internet bekommen haben.

 

Und Krankheiten wie HIV, die damals für viele ein Todesurteil waren, heute in vielen Teilen der Welt behandelbar und kontrollierbar sind.

 

Die Liste unseren Errungenschaften ist riesig und sie springt wie ein wild gewordener Gorilla durch unser Leben und sucht winkend und auf die Brust schlagend nach unserer Aufmerksamkeit, was in alltäglichen Katastrophennews untergeht.

 

Natürlich lässt sich fragen, ob sich diese Entwicklungen in den letzten Jahren wieder umgekehrt haben.

 

Tatsächlich sind einige Kurven ins Stocken geraten, vor allem durch Pandemie, Klimafolgen und Kriege.

 

Doch der langfristige Trend bleibt deutlich: Die Welt ist gerechter, gesünder und lebenswerter geworden, als sie es je war, auch wenn es selten Schlagzeilen macht.

 

Ein notwendiges Gegengewicht

 

Es geht nicht darum, etwas schönzureden oder Rückschläge zu übersehen. Schmerz und Sorge haben ihren Platz – sie zeigen, dass uns die Welt nicht egal ist.

 

Doch wer nur auf das Dunkle blickt, verliert leicht den Sinn für das, was sich im Stillen zum Guten entwickelt.

 

Ein Gegengewicht zu finden heißt nicht, die Augen zu verschließen, sondern sie auch für Fortschritt und Hoffnung offenzuhalten.

 

Optimismus darf sein – nicht als Flucht, sondern als Quelle für Kraft, Schöpfung und Zuversicht.

 

Wäre Berichterstattung wirklich ausgewogen, würden wir nicht fast nur Krisen sehen, sondern ebenso oft Geschichten über Fortschritt, Heilung und gelungene Veränderung.

 

Eben eine Abbildung der Realität – eine Welt, die beides zeigt: die Probleme und das, was gelingt.

 

Dann gäbe es neben dem Weltschmerz auch Platz für das Weltvertrauen!

 

Wenn wir dem Weltvertrauen begegnen, entdecken wir zwischen all den Sorgen auch wieder das Lachen, das Leben, die Freude und mehr.

 

Mein persönlicher Umgang

 

Eine ausbalancierte Sicht wäre also nur fair. Doch bis sich Medien und Gehirn ändern, brauchen wir eigene Wege, um mit Weltschmerz umzugehen.

 

Darum bleibt die Frage: Wie können wir selbst damit leben?

 

Wie finden wir ein inneres Gegengewicht, das nicht lähmt, sondern trägt?

 

Vier Gedanken, die dabei helfen können, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

 

Gefühle anerkennen

 

Du darfst dich schlecht fühlen. Weltschmerz ist kein Makel, sondern Ausdruck von Menschlichkeit.

 

Den Einflussbereich akzeptieren und Handlungsorientierung schaffen

 

Auch ich habe mich gefragt, was ein einzelner Mensch tun kann, um in der Welt etwas zu bewegen.

 

Meine Antwort waren damals Achtsamkeits-Kurse, die manchen Menschen geholfen haben – und später diese Gedankentropfen, die hoffentlich immer wieder einen Funken Inspiration geben.

 

Ich kann nicht die Welt retten, aber in meinem kleinen Umkreis etwas bewirken und ich bin davon überzeugt, das ist auch in deinem Leben möglich!

 

Den Gorilla wahrnehmen

 

Erinnere dich an das Weltvertrauen. Sieh die Errungenschaften, die Fortschritte, die leisen positiven Nachrichten, die oft übersehen werden. Sie sind das Gegengewicht zum Schmerz.

 

Verbindung

 

Mein Achtsamkeitslehrer stellte einmal die Frage:

 

Wenn du mit deinen Kindern im Wald spielst – wo ist dann der Weltschmerz?

 

Ein Kursteilnehmer und Gedankentropfen-Leser sagte einmal sinngemäß zu mir:

 

„Ronny, wir können lernen zu klagen, ohne zu leiden. Denn wir jammern auf ausreichend hohem Niveau.“

 

Diesen Gedanken nehme ich gerne mit. Schönen Gruß an dieser Stelle.

 

Weltschmerz und Weltvertrauen – zwei Seiten derselben Wirklichkeit. Traurigkeit, Ärger und Zweifel dürfen da sein, genauso wie Freude, Zuversicht und Optimismus.

 

Denn das Gute ist nicht weniger real, nur weil es leiser ist.

 

 

Kerntropfen

 

Weltschmerz beschäftigt uns Viele Menschen spüren ihn heute sehr stark. Doch Weltschmerz ist kein Phänomen der Gegenwart – er begleitet die Menschheit seit jeher, mal leiser, mal lauter.

 

Der Satz meines Onkels Als Jugendlicher empfand ich es als Ignoranz, wenn mein Onkel beim Blick auf die Nachrichten sagte: „Das schaue ich nicht, da kommt immer nur Negatives.“ Heute erkenne ich, dass darin vielleicht ein Hinweis steckt: Wir können wählen, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten.

 

Der unsichtbare Gorilla Im berühmten Experiment übersah rund die Hälfte der Zuschauer den Gorilla, obwohl er mitten durchs Bild lief. Ein Sinnbild dafür, wie wir auch im Leben Wichtiges übersehen, wenn unser Fokus woanders liegt.

 

Selektive Wahrnehmung Unser Gehirn ist darauf trainiert, Gefahren zu erkennen. Negatives schreit sofort nach Beachtung, während Positives langsam wächst und leicht übersehen wird – besonders in einer Medienwelt, die vom Alarm lebt.

 

Der Sturm und der Baum Schlechtes wirkt wie ein Sturm: laut, zerstörerisch, sofort spürbar. Gutes gleicht dem Wachsen eines Baumes: leise, stetig, unauffällig – und doch trägt es uns langfristig.

 

Ein notwendiges Gegengewicht Probleme sind real und dürfen nicht kleingeredet werden. Aber neben all dem Schweren brauchen wir ein Gegengewicht: das Vertrauen in das, was Menschen bereits geschaffen haben und weiterhin schaffen.

 

Ein Blick von außen Würden wir nach 20 oder mehr Jahren Abwesenheit auf die Erde zurückkehren, sähen wir vieles klarer: große Fortschritte in Gesundheit, Armut, Bildung und Infrastruktur – Entwicklungen, die im Alltag leicht untergehen.

 

Errungenschaften, die tragen Kindersterblichkeit und Müttersterblichkeit sind stark gesunken. Lebenserwartung, Schulbildung, Zugang zu Strom, Wasser und Internet haben Milliarden Menschen erreicht. Selbst Krankheiten wie HIV sind heute behandelbar.

 

Den Gorilla wahrnehmen Diese Fortschritte sind wie der Gorilla im Experiment: Sie laufen direkt durch unser Bild, trommeln sogar auf die Brust – und doch schenken wir ihnen kaum Aufmerksamkeit.

 

Vier Gedanken für Balance Gefühle anerkennen. Den eigenen Einflussbereich sehen. Den Gorilla des Guten bewusst wahrnehmen. Verbindung suchen. So lässt sich Weltschmerz tragen – und Weltvertrauen wachsen.

 

Weltschmerz und Weltvertrauen

Zwei Seiten derselben Wirklichkeit. Traurigkeit, Ärger und Zweifel dürfen da sein, genauso wie Freude, Zuversicht und Optimismus. Denn das Gute ist nicht weniger real, nur weil es leiser ist.


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