Die Gedankentropfen zum Hören
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In der Reise durch die Welt der Gefühle ging es vor allem darum, warum wir überhaupt Emotionen haben, welche positive Absicht hinter ihnen steckt, wann sie auftreten und was sie uns mitteilen wollen.
Jetzt aber wird es praktisch: In diesem Teil geht es darum, wie du mit intensiven oder überwältigenden Gefühlen umgehen kannst, ohne von ihnen mitgerissen zu werden.
Um das zu verstehen und gut umzusetzen, braucht es jedoch eine kleine gedanklichen Schleife.
Denn viele von uns sind von einer Generation erzogen worden, die Gefühle vor allem eines lehrte: sie zu vermeiden.
Die verlorene Sprache der Gefühle wiederfinden
Das hatte zur Folge, dass viele diese besondere Sprache der Gefühle weder sprechen noch sie überhaupt richtig wahrnehmen konnten.
Dabei sendet unser Körper ununterbrochen sensorische Informationen an unser Gehirn.
Diese Informationen werden oft unbewusst verarbeitet, doch wenn wir lernen, sie gezielt wahrzunehmen, können wir unsere Gefühle besser verstehen und regulieren.
Warum du deine Emotionen nicht ignorieren solltest - Emotionen verstehen und surfen
Vielleicht fragst du dich – so wie mein früheres Ich –, warum es überhaupt wichtig sein sollte, sich intensiv mit den eigenen Gefühlen zu beschäftigen. Ich bin doch erwachsen, mein Verstand hat alles im Griff.
Doch das ist eine Illusion. Emotionen steuern unser Denken und unsere Entscheidungen oft unbewusst.
Studien zeigen, dass sie unsere Wahrnehmung prägen, lange bevor wir sie bewusst erfassen.
Ein Vergleich: Stell dir vor, du kaufst ein Auto, ohne zu wissen, wie alt es ist, wie viele Kilometer es gefahren wurde oder ob es Unfälle hatte.
Würdest du auf dieser Grundlage eine Entscheidung treffen? Und doch ignorieren viele genau diese Informationen, wenn es um sich selbst geht.
Logik vs. Emotionen: Wer wirklich deine Entscheidungen trifft
Wenn wir Entscheidungen treffen, glauben wir oft, dass sie rein rational und logisch sind. Doch tatsächlich sind unsere Gedanken und Überzeugungen bereits von Emotionen geprägt – oft lange bevor wir sie bewusst wahrnehmen.
Die Psychologie beschreibt dieses innere Spannungsfeld mit einem treffenden Bild: Reiter und Elefant (Haidt, 2006).
🔹 Der Reiter steht für unseren rationalen Verstand – er plant, analysiert und setzt Ziele.🔹 Der Elefant repräsentiert unsere Emotionen, Gewohnheiten und tief verankerten Muster.
Solange beide in die gleiche Richtung gehen, ist alles im Gleichgewicht. Doch was passiert, wenn der Reiter eine klare Route vorgibt, der Elefant aber zögert oder einen ganz anderen Weg einschlagen will?
Dann wird es schwierig – denn der Elefant ist stärker. Am Ende gibt er oft die Richtung vor.
Deshalb reicht es nicht, Dinge nur rational zu verstehen. Echte Veränderung entsteht erst dann, wenn wir nicht nur den Reiter überzeugen, sondern auch den Elefanten mitnehmen.

Das Problem ist, dass viele Menschen ein verzerrtes Bild von sich selbst haben. Sie glauben entweder, es gäbe gar keinen Elefanten – nur den Reiter –, oder sie denken, der Reiter habe alles fest im Griff.
Doch in Wahrheit ist es der Elefant, der die Richtung bestimmt. Und wenn wir ihn ignorieren, kann er unser Leben unbemerkt „kidnappen“ – er steuert uns, während wir glauben, selbst am Steuer zu sitzen.
Zwei Systeme, ein Geist – Warum dein Verstand nicht so rational ist, wie du denkst
Der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahneman hat unser Verständnis darüber, wie Menschen denken und Entscheidungen treffen, grundlegend verändert.
Als einer der Begründer der verhaltensbasierten Wirtschaftstheorie (Behavioral Economics) zeigte er, dass unser Denken weit weniger rational ist, als wir oft glauben.
Unbewusste Prozesse und kognitive Verzerrungen beeinflussen unser Verhalten stärker, als uns bewusst ist.
In seinem Buch Schnelles Denken, langsames Denken beschreibt er zwei Denksysteme, die unser Verhalten steuern:
🔹 System 1 – das schnelle, intuitive DenkenEs arbeitet automatisch, unbewusst und impulsiv. Entscheidungen werden in Sekundenbruchteilen getroffen – basierend auf Erfahrungen, Mustern und Emotionen.
🔹 System 2 – das langsame, reflektierte DenkenEs ist bewusst, logisch und analysierend. Doch es benötigt mehr Energie und wird nur aktiv, wenn wir gezielt nachdenken oder komplexe Probleme lösen.
System 1 ist längst am Werk, bevor System 2 überhaupt ins Spiel kommt. Diese automatische Reaktionsfähigkeit war evolutionär überlebenswichtig.
Wenn dein Körper vor dir denkt – Die unterschätzte Rolle der Körpersignale
Doch woher weiß System 1 überhaupt, was es tun soll? Die Antwort liegt in unserem Körper.
Unser Körper sendet unaufhörlich sensorische Informationen an das Gehirn – Daten, die aus dem autonomen Nervensystem stammen und uns unbewusst beeinflussen.
Diese Informationen betreffen Herzschlag, Atmung, Muskelspannung, Hautleitfähigkeit und viele weitere physiologische Prozesse.
Sie bilden die Grundlage für unsere emotionale Wahrnehmung und beeinflussen unsere Entscheidungen, noch bevor wir uns dessen bewusst sind.
Die Interozeption – die Fähigkeit, Signale aus dem eigenen Körper wahrzunehmen – spielt dabei eine Schlüsselrolle.
Emotionen sind also nicht einfach abstrakte Gefühle – sie sind körperliche Daten, die unser Gehirn interpretiert.
Wer lernen möchte, sich selbst besser zu verstehen und bewusster zu handeln, sollte nicht nur auf seinen Verstand hören, sondern auch auf die Signale seines Körpers.
Wenn Emotionen Daten sind, die unser Körper ans Gehirn sendet, dann stellt sich die entscheidende Frage:
Wie können wir lernen, diese Signale bewusster wahrzunehmen und zu nutzen?
"Wenn du das Unbewusste nicht bewusst machst, wird es dein Leben diktieren – und du wirst es Schicksal nennen."
Carl Gustav Jung
Die gute Nachricht ist: Es gibt viele Wege, diese Fähigkeit zu entwickeln.
Verschiedene Methoden aus der Psychologie, Neurowissenschaft und Achtsamkeitspraxis helfen dabei, den Zugang zu den eigenen Emotionen zu vertiefen.
Mein Vorschlag basiert auf meinen eigenen Erfahrungen sowie auf meiner Arbeit als MBSR-Lehrer. Er soll als Orientierung dienen – nicht als einzig richtige Lösung.
Jeder Mensch findet seinen eigenen Zugang. Lass uns gemeinsam eine Schritt-für-Schritt-Methode anschauen, mit der du lernen kannst, deine Gefühle zu verstehen und zu surfen.
1. Vom Autopilot zum Bewusstsein
Der erste Schritt ist, sich überhaupt bewusst zu machen, dass all diese Prozesse – die unbewusste Beeinflussung durch Emotionen, die körperlichen Signale und die schnellen, automatischen Reaktionen – existieren.
Viele von uns gehen durchs Leben, ohne zu merken, wie sehr unser Denken, Fühlen und Handeln von inneren Mustern, sowie emotionalen und körperlichen Empfindungen gesteuert wird.
Wir glauben, rational zu entscheiden, doch in Wirklichkeit sind unsere Emotionen längst am Werk.
Jede Emotion wirkt sowohl auf Körper als auch Geist – wie ein Orchester, das dein gesamtes Nervensystem in einen bestimmten Zustand versetzt.
Das ist keine Esoterik, kein „Softie-Kram“ für die Generation Yoga, sondern eine biologisch und psychologisch nachweisbare Realität.
Doch warum fällt es uns oft so schwer, unsere Gefühle wirklich zuzulassen? Ein Grund dafür ist, dass wir gelernt haben, sie zu vermeiden.
Wir erzählen uns rationale Geschichten, die uns im scheinbar sicheren Bereich des Verstandes halten – doch in Wahrheit sind das oft Schutzmechanismen, die verhindern, dass wir mit unseren wahren Empfindungen in Kontakt kommen.
Sich dieser unbewussten Dynamik bewusst zu werden, ist der erste und vielleicht wichtigste Schritt. Denn nur was wir erkennen, können wir verändern.
2. Wahrnehmen statt Denken
Der zweite Schritt besteht darin, den Körper bewusst als Quelle deiner Emotionen wahrzunehmen – ohne ständig zu analysieren.
Verständnis beginnt nicht im Kopf, sondern in der direkten Erfahrung:
Wie fühlt sich dieser Moment in deinem Körper an? Welche Empfindungen nimmst du wahr?
Anfangs kann das ungewohnt sein. Vielleicht denkst du: „Das funktioniert bei mir nicht.“
Viele Menschen haben den Zugang zu ihrer Körperwahrnehmung verloren – oft als Schutzstrategie.
Auch mir ging es so. Im Rahmen meines ersten MBSR-Kurses als Teilnehmer konnte ich während des Body Scans (Körpermeditation) meinen Körper zum Großteil nicht wahrnehmen,
Ich hatte den Zugang zur eigenen Körpererfahrung verloren und hielt es für abwegig, dass dies überhaupt möglich sei. Selten lag ich meinen so daneben.
In stressigen Momenten hilft eine einfache Frage:👉 Wo in meinem Körper kann ich das spüren oder welche physiologischen Reaktionen löst diese Situation gerade in mir aus?
Vielleicht spürst du einen Kloß im Hals, Druck auf der Brust oder einen angespannten Magen. Vielleicht (noch) nichts – das ist völlig in Ordnung. Die Wahrnehmung kommt mit der Zeit.
Warum das wichtig ist
Emotionen sind körperliche Prozesse. Dein Nervensystem reagiert nach bestimmten Mustern.
Je besser du sie kennst, desto bewusster kannst du handeln. Besonders wenn du unsicher bist, was du willst oder wer du bist, führt Nachdenken oft nicht weiter – Fühlen hingegen schon.
Mit der Zeit wurde mir zumindest klarer:✔ Wie bestimmte Situationen, Menschen oder Umstände auf mich wirken✔ Welche Emotionen mich antreiben
✔ Welch Muster, wann aktiviert werden und in welche Intensität sie ausschlagen
✔ Wie ich sie regulieren kann✔ Wann es an der Zeit ist, Grenzen zu setzen oder etwas zu verändern
3. Emotionen benennen – ohne sie verändern zu wollen
Nachdem du gelernt hast, deine Emotionen im Körper zu spüren, geht es nun darum, sie zu beobachten, sowie zu beschreiben und ihre Intensität einzuordnen.
Hier kann dein Verstand eine wertvolle Rolle spielen – nicht, um die Emotion zu kontrollieren oder zu analysieren, sondern um sie neutral zu beobachten.
Wenn eine Emotion hochkommt, stell dir vor, du bist ein stiller Beobachter. Statt dich von ihr mitreißen zu lassen, setzt du dich mitten in sie hinein – ohne zu reagieren, ohne sie verändern zu wollen.
Sie ist ohnehin nur eine vorübergehende Momentaufnahme – oder warst du jemals bis ans Ende deiner Tage über jemanden verärgert?
Ein Beispiel:
👉 Da ist Ärger. Die Intensität ist etwa 7,5. Ich spüre ihn als Kloß im Hals, meine Fäuste ballen sich, mein Kopf wird heiß. Ich nehme es wahr und tue nichts damit.
Das ist alles. Mehr musst du nicht tun. Keine Analyse, kein Hinterfragen, kein Versuch, die Emotion sofort loszuwerden.
Warum das wichtig ist
Oft setzen wir uns unbewusst unter Druck, Emotionen „lösen“ oder „wegmachen“ zu müssen. Doch je mehr wir sie bekämpfen, desto stärker werden sie.
Deshalb ist dieser Schritt so bedeutend: Du lässt die Emotion einfach da sein, ohne sie zu verändern oder zu bewerten.
Versuche, dich dabei nicht mit ihr zu identifizieren. Es ist nicht „dein Ärger“, sondern einfach nur Ärger. So wie eine Welle im Meer auftaucht und wieder vergeht, ist auch deine Emotion nur ein vorübergehender Zustand.
Dein Ärger wird von selbst weiterziehen, wenn du ihm zwei Dinge erlaubst:
1️⃣ Gib ihm die volle Erlaubnis, da zu sein. Keine Unterdrückung, kein Widerstand – einfach nur Anerkennung.2️⃣ Tue nichts damit. Kein impulsives Handeln, kein Zerdenken, kein Festhalten. Nur beobachten.
Und das führt zu einer spannenden Erkenntnis: War die Emotion jemals „real“ im Sinne von dauerhaft – oder war sie nur eine Welle, die kommt und geht?
4. Emotionen ausdrücken – ohne sie zu unterdrücken
Emotionen wollen nicht nur gespürt, sondern auch ausgedrückt werden. Wenn du Wut empfindest, kann es befreiend sein, sie laut herauszuschreien – im Auto, unter der Dusche oder ins Kissen, aber bitte nicht am Partner oder an anderen Menschen auslassen.
Wenn du Traurigkeit spürst, dann weine. Lass es zu, ohne es zu bewerten.
Das Entscheidende ist: Bleib dabei in der Erfahrung. Versuche nicht, das Gefühl mit dem Verstand zu analysieren oder es sofort „verstehen“ zu wollen.
In emotional aufgewühlten Phasen trifft unser rationaler Verstand ohnehin oft die dümmsten Entscheidungen.
Finde deinen eigenen Ausdruck
Neben körperlichem Ausdruck kann es helfen, deine Emotionen in Worte zu fassen – entweder im Gespräch mit einer vertrauten Person oder schriftlich.
Ich habe das selbst erlebt. Vor anderthalb Jahren, als mein Vater fast verstarb, schrieb ich alles auf. Nicht als geordnete Geschichte, nicht mit Struktur – sondern einfach roh, direkt, so wie es kam.
Kreative Ausdrucksformen nutzen
Vielleicht spricht dich auch eine andere Form des Ausdrucks an. Früher hätte ich Kunsttherapie oder Musiktherapie als Unsinn abgetan.
Doch heute weiß ich: Sie geben dem Unbewussten eine Stimme. Emotionen, die keinen Ausdruck finden, bleiben im Körper stecken – doch wenn du ihnen eine Form gibst, können sie sich lösen.
Es geht nicht darum, etwas „Schönes“ oder „Richtiges“ zu erschaffen. Es geht darum, deine Gefühle auf eine gesunde Weise nach außen zu bringen, anstatt sie in dir festzuhalten.
5. Die Botschaft hinter der Emotion verstehen
"Depression is the body’s way to say: Fuck you." Jim Carrey
Jede Emotion – und die körperlichen Empfindungen, die sie begleiten – haben eine Botschaft. Sie sind nicht zufällig da, sondern wollen dir etwas mitteilen und zwar in der Regel etwas Positives.
In der Reise der Welt der Gefühle - Teil 1 gehen wir genauer darauf ein, warum die Natur vorgesehen hat, dass wir überhaupt Gefühle haben und warum häufig eine positive Intention dahinter steckt.
Meistens ist die Ursache offensichtlich:
👉 Ich reagiere mit Ärger, weil der Kinderlärm gerade zu laut ist.
Doch manchmal steckt etwas Tieferes dahinter:
👉 Ich bin erschöpft und niedergeschlagen, weil ich in einem Job feststecke, der mich nicht erfüllt.
Emotionen sind keine Störfaktoren – sie sind konstruktive Wegweiser.
Sie versuchen nicht, dir das Leben schwer zu machen, sondern zeigen dir, dass etwas nicht im Gleichgewicht ist und du die Möglichkeit hast, dich darum zu kümmern.
Stelle deiner Emotion eine Frage – ohne mit dem Verstand zu antworten.
Um diese Botschaft zu verstehen, hilft eine einfache Übung:
👉 Stell dir vor, deine Emotion (oder deine Überforderung, deine Unruhe, dein Druckgefühl) hätte eine Stimme.👉 Was würde sie dir sagen?👉 Was braucht sie?
Wichtig dabei: Antworte nicht mit dem Verstand. Der quasselt nur dazwischen, bewertet, analysiert, sucht nach Lösungen.
Lass stattdessen die Antwort einfach aufsteigen – ohne nachzudenken, ohne zu filtern. Vielleicht in Form eines Satzes, vielleicht nur als ein Gefühl, als ein Bild oder als eine körperliche Reaktion.
Emotionen sind nicht dazu da, bekämpft zu werden – sondern verstanden.
Statt Emotionen zu unterdrücken oder uns mit Ablenkungen zu beruhigen, ist der Schlüssel, ihre physiologische und psychologische Botschaft zu entschlüsseln.
Das funktioniert am besten, indem du zu Schritt 2 zurückgehst:
👉 Wo in meinem Körper spüre ich diese Emotion und dann hinzufügst:👉 Welche Botschaft will sie mir mitteilen?
Je öfter du das bewusst machst, desto klarer erkennst du, was genau dich stört – und was du verändern kannst.
6. Emotionen aktiv beruhigen – die Kunst des bewussten Surfens
Emotionen sind vorübergehende Erfahrungen – doch wenn sie intensiv sind, können sie überwältigend wirken. Hier kommt die aktive Beruhigung ins Spiel.
Wir wissen bereits, dass das vegetative Nervensystem in emotionalen Momenten aktiviert wird und eine Reihe von Körperreaktionen auslöst, beispielsweise:
✔ Anspannung der Muskeln✔ Druck auf der Brust✔ Hektische Atmung✔ Ein Gefühl von Enge oder Unruhe
Doch genau wie sich diese Aktivierung verstärken kann, können wir sie auch wieder bewusst regulieren.
Den Atem als Modulation nutzen
Der Atem ist ein direkter Zugang zu unserem Nervensystem – eine Steuerzentrale für Entspannung.
👉 Statt flach oder hektisch zu atmen, übe, deinen Atem ruhig und entspannt durch den Körper fließen zu lassen.
Ist der Ärger dadurch weg? Nein. Aber du du kannst die Intensität deiner Emotion mit jedem ruhigen Atemzug sanft herunterregeln – zum Beispiel Ärger von 8/10 auf 5/10.
Und das ist der Schlüssel: Du bist nicht mehr machtlos in der Welle der Emotion gefangen, sondern kannst sie aktiv mitsteuern, wenn sie beobachtest, sein lässt und dich auf den Atem fokussierst.
Es braucht etwas Übung und Geduld. Das hier ist keine schnelle Pille, die deine Emotionen unterdrückt, sondern ein Werkzeug, mit dem du dein gesamtes System beruhigen kannst.
Wenn ein starkes Gefühl dich überrolt, gerätst du in den Tunnelblick. Plötzlich scheint deine ganze Welt nur aus Ärger zu bestehen.
Doch entspricht nicht der Wahrheit. Sobald sich der Ärger durch einen ruhigen Atemrhythmus legt, öffnet sich dein Blick und es entstehen Weite und Weisheit.
Körperliche Reaktionen bewusst entspannen
Unser Körper speichert Stress nicht nur in Form von Emotionen – sondern auch beispielsweise als muskuläre Anspannung. In der Regel geschieht beides und ist miteinander verwoben.
Das bedeutet: Wenn wir unseren Körper gezielt entspannen, beruhigen wir auch unsere Emotionen. Die Folge körperlicher Entspannung ist geistige Entspannung.
Beobachte dich in stressigen Situationen:
✔ Spürst du Druck auf der Brust?
✔ Ist deine Bauchdecke hart?
✔ Presst du deine Kiefer zusammen?
Statt es einfach geschehen zu lassen, löse diese Anspannung aktiv:
✔ Atme bewusst in die verspannte Region hinein.
✔ Lasse mit jedem Ausatmen etwas mehr los.
✔ Entspanne gezielt die Körperpartien, die auf Stress reagieren.
Über die körperliche Entspannung verringert sich auch die Wahrnehmung von Stress. Es ist wie ein Kreislauf – je entspannter der Körper, desto ruhiger das Nervensystem, desto weniger intensiv die Emotion.
Super, oder? Warum lernt man sowas nicht in der Schule?
Ein Bild spricht manchmal mehr als 1000 Worte. Kennst du dieses schon?

7. Zeige es – dich selbst, deine Gefühle, dein Inneres
Dieser Punkt fiel mir persönlich schon immer schwer und vielleicht ist das einer der Gründe, warum ich meine Erfahrungen überhaupt teile.
Ich komme aus einer Familie, in der wir unsere Gefühle nicht gerne zeigen. Dieses Muster führt dazu, dass Emotionen unterdrückt werden und man sich unbewusst anpasst – selbst wenn man innerlich ganz anders fühlt.
Ich bin voller Gefühl, voller Intensität, und trotzdem habe ich gelernt, mich zurückzunehmen.
Doch dieses Zurücknehmen betrifft nicht nur mich. Wir alle leben in einer Gesellschaft, die sich sehr an der Oberfläche bewegt – in Worten, in Gesten, in Begegnungen.
Und manchmal frage ich mich: Wie soll dabei echte Verbindung entstehen? Eine Begegnung ohne Masken, ohne Anpassung, ohne das ständige Bedürfnis, anderen zu gefallen oder nicht negativ aufzufallen?
Wie mich ein Mensch am tiefsten Punkt meines Lebens erreicht hat
Ich erinnere mich an meine dunkelste Stunde. Ich saß in einer psychosomatischen Klinik im Garten – innerlich aufgegeben, bewegungslos, sprachlos, bereit, mich von mir selbst zu dissoziieren.
Dann kam ein Mitpatient, damals noch neu, und setzte sich zu mir. Er begann ein Gespräch. Ich glaube, wenn ich die Kraft gehabt hätte, hätte ich ihn einfach weggeschickt. Doch ich hatte keine Kraft. Ich saß nur da.
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich überhaupt etwas erwidern konnte. Doch irgendwann ließen die Starre und die Dissoziation nach. Ich konnte wieder teilnehmen – nicht nur am Gespräch, sondern ein kleines Stück weit am Leben.
Er sah mich an und sagte sinngemäß:
"Weißt du, Ronny, ich glaube wirklich, wir können diese schreckliche Krankheit besiegen."
Ich konnte ihm damals nicht glauben. Doch ich erinnere mich noch heute an seine Worte. Ich weiß nicht, ob er das hier liest, aber falls doch – für die gemeinsame Zeit mit dir und der ganze Gruppe damals verspüre ich tiefe Dankbarkeit!
Als alle Dämme brachen – eine heilsame Erfahrung
Ein paar Tage später geschah etwas Ähnliches. Ich war innerlich so angespannt, dass ich ständig Angst hatte, meine Gefühle nicht mehr kontrollieren zu können.
Ich wollte auf keinen Fall mitten in einer Gruppe einen Gefühlsausbruch haben – es erschien mir als das absolut schlimmste Szenario, welches eintreten könnte
Ein Mitpatient sagte einmal: "Jeder von uns heult doch seine Depression lieber abends alleine ins Kissen."
Er hatte recht. Ich wollte meine Emotionen für mich behalten. Doch dann passierte es.
Auf dem Weg zum Mittagessen, umgeben von allen Mitpatienten, konnte ich nicht mehr ankämpfen. Alles kam auf einmal heraus – völlig unkontrolliert, schluchzend, juchzend, hemmungslos.
Und dann spürte ich eine Berührung. Eine Mitpatientin hatte meine Emotion sofort erkannt – und ohne zu zögern nahm sie mich in den Arm.
Ich hatte keine Kontrolle mehr. Nicht über meine Gefühle, nicht über meinen Körper.
Doch das, wovor ich mich am meisten gefürchtet hatte – dass jemand meinen Schmerz sieht – war am Ende das Heilsamste, was mir passieren konnte.
Nach diesem Moment war meine Angst, schwach oder schutzlos zu wirken, verschwunden.
Der Zuspruch und die Zuneigung, die ich bekam, waren unerwartet. Und sie waren wunderschön. Ich hatte nie geahnt, wie tragend es sein kann, sich wirklich zu zeigen.
Doch man musst nicht warten, bis der Körper Jim Carrey's Worte zum Ausdruck bringt.
Man musst nicht erst in einer psychosomatischen Klinik einen öffentlichen Zusammenbruch haben, um zu erfahren, dass es heilsam ist, sich und seine Gefühle zu zeigen.
Es reicht schon, einen guten Freund zu treffen. Ein Glas Wein oder ein heißer Tee. Ein echter, offener Austausch darüber, was euch wirklich bewegt.
Du kannst dich zeigen, ohne zu zerbrechen. Du kannst dich öffnen, ohne dich zu verlieren. Und wenn du es tust, wirst du vielleicht – genau wie ich – feststellen, dass du nie wirklich allein warst.
Warum dieser Schritt so wichtig ist
Dieser Schritt ist schwer. Vielleicht der schwerste. Doch ohne ihn bleiben wir auf Distanz – zu uns selbst und zu anderen.
Echte Verbindung entsteht erst, wenn wir uns nicht mehr verstecken.
8. Es darf Spaß machen – Das Leben in vollen Zügen genießen
Das Leben ist nicht nur dazu da, um Stress zu regulieren oder Ängste zu heilen. Es ist vor allem dazu da, gelebt und genossen zu werden.
Die sensorischen Informationen, die dein Körper an dein Gehirn sendet, sind nicht nur Warnsignale oder Mittel zur Selbstregulation. Sie sind die Tür zu einer tiefen, lebendigen Erfahrung.
Deshalb versuche ich heute immer wieder, bewusst den Verstand auszuschalten und mich ganz dem Moment hinzugeben.
Leben jenseits der Analyse
Solange der Verstand dominiert, bleibt das Leben oft nur eine oberflächliche Analyse – ein bewertendes, distanziertes Beobachten.
Doch wenn ich stattdessen meinen inneren Elefanten spüre, wenn ich ihn wie ein neugieriges Kind einfach nur beobachte, ohne etwas zu verändern oder festhalten zu wollen, wird das Leben zu einer tiefgreifenden, emotionalen und wunderschönen Erfahrung.
Denn Genuss entsteht nicht durch Nachdenken – sondern durch Fühlen.
Das Leben durch den Körper erleben
So viele körperliche Erfahrungen können einfach nur genossen werden:
✔ Die warme Sonne auf der Haut
✔ Eine tiefe, ehrliche Umarmung
✔ Der Geschmack eines köstlichen Frühstücks
✔ Der sanfte Druck einer Massage
✔ Die Hitze eines Saunabesuchs
✔ Das Lachen spielender Kinder
✔ Der Blick in die Augen eines geliebten Menschen
All diese sensorischen Erlebnisse machen das Leben so unendlich wertvoll.
Der Schlüssel liegt darin, den Genuss zuzulassen, ohne ihn festhalten zu wollen.
Alles, was du bisher gelesen hast, lässt sich in 8 klare Schritte zusammenfassen.
Hier sind die wichtigsten Punkte noch einmal kompakt zusammengefasst:
Gefühle verstehen und surfen - Eine Schritt für Schritt - Methode
1 Bewusstsein entwickeln
Erkenne, dass Emotionen und Körperempfindungen dein Denken und Verhalten unbewusst steuern.
2 Körperwahrnehmung schulenLerne, Emotionen nicht nur rational zu verstehen, sondern direkt in deinem Körper zu spüren.
3 Emotionen, beobachten beschreiben und einordnenBeobachte und beschreibe deine Emotion, ohne dich mit ihr zu identifizieren. Ordne ihre Intensität ein. Das schafft Distanz und hilft dir, sie bewusst zu erleben, anstatt von ihr überwältigt zu werden.
4 Emotionen ausdrückenFinde gesunde Wege, deine Emotionen nach außen zu bringen – durch Bewegung, Schreiben, kreativen Ausdruck oder Gespräche mit vertrauten Menschen.
5 Die Botschaft hinter der Emotion verstehenJede Emotion will dir etwas mitteilen. Stell dir vor, sie hätte eine Stimme: Was würde sie dir sagen? Höre nicht mit dem Verstand, sondern mit dem Körper und den Gefühlen zu.
6 Emotionen aktiv beruhigenNutze Atemtechniken und gezielte Entspannung, um dein Nervensystem zu regulieren. Reduziere so die Intensität deiner Emotionen, anstatt gegen sie zu kämpfen.
7 Dich zeigen – echte Verbindung zulassenÖffne dich anderen und teile deine Emotionen. Echte Begegnung entsteht erst, wenn du dich nicht mehr versteckst.
8 Das Leben genießen – nicht nur regulierenEmotionen sind nicht nur dazu da, reguliert zu werden – sondern auch, um das Leben in vollen Zügen zu erfahren. Erlebe die Welt mit all deinen Sinnen und lass dich vom Moment tragen.
Weitere Kerntropfen
Emotionen als unbewusste Steuerung – Gefühle haben eine positive Absicht und beeinflussen unser Denken und Handeln oft unbewusst. Sie sind nicht einfach störend, sondern liefern wertvolle Informationen über uns selbst.
Zwei Denksysteme (Kahneman) – Unser Gehirn arbeitet mit zwei Systemen: das schnelle, intuitive System 1 (emotional, impulsiv) und das langsame, reflektierte System 2 (logisch, analytisch). System 1 steuert meist unbewusst unsere Entscheidungen.
Der Körper als Frühwarnsystem – Emotionen entstehen aus körperlichen Signalen (Herzschlag, Atmung, Muskelspannung). Wer diese Signale bewusst wahrnimmt, kann seine Gefühle besser regulieren und verstehen.
Das Reiter-Elefant-Modell – Unser rationaler Verstand (Reiter) glaubt oft, alles zu kontrollieren, doch in Wahrheit steuern Emotionen (Elefant) unbewusst unsere Entscheidungen. Veränderung gelingt, wenn beide zusammenarbeiten.
Die verlorene Sprache der Gefühle – Viele Menschen wurden erzogen, Emotionen zu vermeiden. Doch wer lernt, die körperlichen Signale hinter den Gefühlen bewusst wahrzunehmen, kann sich selbst besser verstehen, intensive Gefühle regulieren und in vollen Zügen das Leben genießen.
5 Gedankentropfen Highlights
10 Weisheiten für ein erfülltes Leben, die du vielleicht noch nicht kennst
Eine Reise durch die Welt der Gefühle -Warum unsere Gefühle uns leiten, eine positive Funktion haben und wie wir lernen, besser mit ihnen umzugehen
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