Die Gedankentropfen zum Hören
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Warum haben wir eigentlich Gefühle?
Gefühle sind eines der mächtigsten Werkzeuge, die wir Menschen besitzen. Sie sind tief in uns verwurzelt, doch verstehen wir wirklich, warum sie da sind, woher sie kommen und wie wir sie besser handhaben können? Gefühle formen unser Leben, sie warnen uns, treiben uns an, und helfen uns zu wachsen. Sie zu verstehen, kann der Schlüssel zu einem bewussteren, erfüllteren Leben sein.
Sind Gefühle irrational?
Gefühlen schreiben wir oft einen irrationalen Charakter zu, während wir den Verstand als Inbegriff der Rationalität sehen. Doch sind Gefühle wirklich so unvernünftig, wie sie erscheinen? Ich glaube nicht. Tatsächlich folgen sie oft einer inneren Logik und sie erfüllen eine positive Funktion.
Negative Gefühle sind vielleicht nicht angenehm, aber sie können ein Zeichen sein, dass etwas in uns arbeitet, uns warnt oder schützen will. Warum das so ist und wie wir das zu unserem Vorteil nutzen können, dazu später mehr.
Evolution
Gefühle sind tief in unserer Evolution verwurzelt und haben sich entwickelt, um unser Überleben und unsere Fortpflanzung zu sichern – sei es direkt oder indirekt.
Direkte Überlebensstrategien sind beispielsweise Angst, die uns vor Gefahren warnt, oder Ekel, der uns vor schädlichen Substanzen schützt.
Doch Gefühle tragen auch auf subtilere Weise zum Überleben bei. Ärger zum Beispiel unterstützt uns dabei, für uns einzustehen und uns gegen ungerechte Behandlung zu wehren. Neid mag unangenehm sein, doch er hilft uns, soziale Hierarchien zu verstehen und kann ein starker Motivator sein, uns zu verbessern. Und natürlich gibt es die Liebe – die Kraft, die zwei Menschen verbindet und so die Grundlage für familiäre Bindungen und Fortpflanzung schafft.
Sozialer Ausschluss - unterschätzt, schleichend und fast tödlich
Es ist wichtig zu verstehen, dass Kooperation innerhalb von Gruppen in der Vergangenheit entscheidend für unser Überleben war. In der modernen Welt neigen wir dazu, diesen Faktor zu unterschätzen. Dank der technologischen Errungenschaften und der Annehmlichkeiten des 21. Jahrhunderts ist es theoretisch möglich, ganz alleine zu überleben.
Doch in unseren Wurzeln liegt eine andere Wahrheit: Unsere Vorfahren hätten ohne das Zusammenspiel und den Zusammenhalt der Gruppe kaum überlebt. Gefühle wie Empathie, Loyalität und Gemeinschaftssinn entwickelten sich, um dieses soziale Miteinander zu stärken und uns das Überleben in einer oft feindlichen Umwelt zu ermöglichen.
Aus evolutionärer Sicht war sozialer Ausschluss oft gleichbedeutend mit dem sicheren Tod. Stell dir vor, ein Mensch wird in der Steinzeit im Dschungel alleine gelassen. Im Vergleich zu anderen Raubtieren ist er eines der schwächsten: nicht besonders schnell, kaum Sprungkraft, wenig Muskelkraft, keine scharfen Zähne oder giftigen Abwehrstoffe.
Dazu kommt, dass er allein unmöglich all die Aufgaben bewältigen kann, die fürs Überleben notwendig sind – eine sichere Unterkunft bauen, Nahrung sammeln, Werkzeuge herstellen, Wasser holen, sich verteidigen und vieles mehr. Alleine ist der Mensch Beute. Doch 100 Menschen, die gemeinsam agieren und ihre Kräfte bündeln, können den Dschungel meistern und sogar beherrschen. Ohne Gefühle könnten wir die lebensnotwendigen Kooperationen nicht steuern.
Überlebensinstinkt - Warum wir uns nach anderen richten
Deshalb sind Ansehen, Wertschätzung und der Respekt anderer auch heute noch für uns von so großer Bedeutung. Die Angst vor sozialem Ausschluss ist tief in unseren Genen verankert, eine Art evolutionäre Todesangst, die uns davor schützt, aus der Gemeinschaft ausgestoßen zu werden.
Diese Urangst sichert, dass wir uns sozial anpassen und bemühen, Teil der Gruppe zu bleiben. Auf der anderen Seite ist der Ausschluss anderer ein machtvolles Werkzeug, das in sozialen Dynamiken eingesetzt wird, um Kontrolle auszuüben oder Hierarchien zu etablieren. Der Wunsch nach Zugehörigkeit ist also mehr als ein emotionales Bedürfnis – es ist ein Überlebensinstinkt, der uns durch die Jahrtausende begleitet hat.
Die Gravitation der sozialen Anerkennung
Dieser Mechanismus ist auch heute noch deutlich spürbar und zeigt sich in vielen sozialen Situationen. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist das Asch-Experiment. Dabei wurden Teilnehmern drei Linien unterschiedlicher Länge gezeigt, und sie sollten angeben, welche die längste war. Obwohl die Antwort offensichtlich war, entschieden sich viele Teilnehmer bewusst für eine falsche Antwort, nur weil die Mehrheit der Gruppe diese vorgab.
Der soziale Druck, dazuzugehören und nicht als Außenseiter aufzufallen, war so stark, dass sie ihre eigene Wahrnehmung unterdrückten und sich der Gruppe anpassten. Dieses Experiment zeigt, wie mächtig unser Bedürfnis nach Zugehörigkeit ist – selbst auf Kosten unserer eigenen Überzeugung oder eine objektiv falschen Tatsache. Das könnte eine überzeugende Erklärung dafür sein, warum die Menschheit gelegentlich gemeinsame Irrwege eingeschlagen hat.
Ganz normale Männer
Ein eindrucksvolles Beispiel für die Macht des sozialen Drucks beschreibt Christopher Browning in Ganz normale Männer. Er schildert, wie ein Polizeibataillon während des Zweiten Weltkriegs an Massenerschießungen beteiligt war. Die Männer hatten die Möglichkeit, sich zu weigern, doch nur wenige taten es. Ihr Hauptmotiv war nicht die Angst vor moralischen Konsequenzen, sondern die Furcht davor, von ihren Kameraden als Feiglinge betrachtet und ausgegrenzt zu werden.
Die interne Marketingabteilung
In solchen Situationen neigen wir dazu, uns kognitive Ausreden zu schaffen – ein zutiefst menschlicher Reflex. Wir basteln uns Geschichten zurecht, die unser Verhalten rechtfertigen. Unser Verstand übernimmt dabei die Rolle einer internen Marketingabteilung, die unsere Integrität schützt, indem sie auch objektiv falsches, grenzüberschreitendes oder riskantes Handeln im Nachhinein plausibel erscheinen lässt.
Der Mechanismus, der in uns aktiv ist und dem wir mit unserem Verhalten folgen, ist tief in uns verwurzelt und über Jahrtausende geprägt. Die Angst vor sozialem Ausschluss, der früher den sicheren Tod bedeutete, ist nach wie vor in uns präsent.
Der Antrieb unserer Motivationen - Gefühle
Fast alle unsere Gefühle sind so kraftvoll, dass sie vermutlich den Großteil unseres Verhaltens erklären. Selbst wenn unser Verstand uns rationale Gründe für unsere Entscheidungen vorgibt, sind es doch meist einfache Gefühle, die uns leiten.
Ein Grund mehr, genauer hinzuschauen, und genau das möchte ich im Folgenden mit dir tun.
Tiefes Eintauchen
Lass uns gemeinsam einen genaueren Blick auf die Gefühle werfen, die wir alle kennen und die unseren Alltag prägen. Wir wollen erkunden, welche Funktionen diese Gefühle haben und warum sie in den meisten Fällen einen positiven Zweck erfüllen. Außerdem werden wir beleuchten, warum jedes Gefühl mehr ist als bloße Wahrnehmung.
Gefühle sind mehr als nur das, was wir empfinden
Wenn wir an ein Gefühl denken, konzentrieren wir uns oft nur auf die Empfindung selbst. Angst fühlt sich einfach unangenehm an, man spürt sie als reines Gefühl. Doch Gefühle sind weit mehr als bloße Empfindungen. Sie beeinflussen unsere Wahrnehmung, unseren Körper und unser gesamtes Erleben.
Nehmen wir Angst als Beispiel. Sie ist nicht nur das beklemmende Gefühl selbst, sondern bewirkt auch, dass sich unsere Aufmerksamkeit verengt und sich mit einem fast laserscharfen Fokus auf die Ursache richtet.
Angst verändert sogar, wie wir unsere Umgebung wahrnehmen und einschätzen. Ein wunderschöner Ausblick, der normalerweise zu einem Picknick einladen würde, wird plötzlich zu einer Einbahnstraße, die ich unbedingt vermeiden möchte.
Dein Körper schaltet auf Energiesparen. Bedürfnisse wie Hunger, Verdauung oder dein Sexualtrieb werden unterdrückt, weil sie in diesem Moment unwichtig sind. Stattdessen wird die freigesetzte Energie in deine Muskeln geleitet, um dir die Flucht oder den Kampf zu ermöglichen. Auch deine Erinnerung wird geschärft. Kennst du das Gelände, fällt es dir in einer Gefahrensituation leichter, eine Fluchtroute abzurufen.
Diese Reaktionen gelten nicht nur für Angst, sondern für fast alle Gefühle. Ein Gefühl wird nicht einfach nur empfunden – es verändert gleichzeitig deine Psychologie und Physiologie, beeinflusst deine Gedanken und steuert dein Verhalten wie ein perfekt abgestimmtes Orchester.
Eine Gefühl ist ein komplexer, scheinbar automatisch ablaufender, orchestrierter Mechanismus, der darauf abzielt, ein Problem zu lösen.
Oft richten wir unsere Aufmerksamkeit zu sehr auf das einzelne Gefühl und verlieren dabei dieses größere Bild aus den Augen.
Vielleicht sollten wir Gefühle eher als Anwälte unserer Bedürfnisse und Interessen betrachten.
Unangenehme Gefühle haben eine positive Funktion
Wut oder Ärger sind Gefühle, die sich unangenehm anfühlen. Doch wenn du Wut verspürst, solltest du dir zwei Dinge bewusst machen:
Wut ist mehr als nur ein Gefühl. Sie ist ein orchestrierter Mechanismus, der dich in einen bestimmten Zustand versetzt: Deine Wahrnehmung verengt sich zu einem Tunnelblick, und auch dein Körper reagiert. Dies ist kaum der ideale Zustand, um mit deinem Partner einen Streit auszutragen.
Wut hat im Kern eine positive Absicht. Sie ist eigentlich ein nützliches Gefühl. Oft ist sie ein Signal dafür, dass du dich gegen eine ungerechte Behandlung wehren und mit der betreffenden Person verhandeln solltest, um deine Grenzen zu schützen.
Der Hintergrund: In einem steinzeitlichen Szenario hätte der Verlust dieser Person deine eigenen Überlebenschancen, die Fortpflanzung und die Sicherheit deiner Nachkommen erheblich gefährden oder verringern können.
Ohne Gefühl keine Reaktion
Ohne Wut oder Ärger würdest du gar nicht bemerken, dass Handlungsbedarf besteht. Erst durch diese Gefühle wird dir bewusst, dass es in einer Beziehung etwas zu klären gibt, um deine Bedürfnisse zu schützen.
Wenn wir verstehen, dass Gefühle eine positive Funktion haben, fällt es uns leichter, mit ihnen umzugehen.
Kleine Zwischenbemerkung: Ich bin kein Psychologe, Wissenschaftler oder Experte, sondern einfach ein neugieriger Mensch, der seine Erfahrungen teilt. Die Tipps und Strategien, die ich anbiete, stammen aus meinen eigenen Erlebnissen. Ob sie dir helfen, kannst nur du selbst herausfinden.
So gehe ich mit unangenehmen Gefühlen um:
Wenn ein überwältigendes Gefühl wie Wut oder Ärger aufkommt, lenke ich meine Aufmerksamkeit auf das körperliche Empfinden
Ich erinnere mich daran, dass meine Wahrnehmung in diesem Moment eingeschränkt ist und dass die Gedanken, die auftauchen, nicht zwingend der Wahrheit entsprechen
Ich erkenne, dass ich die Fähigkeit habe, diese Prozesse zu beobachten, ohne ihnen folgen zu müssen
Während ich die volle Intensität des Gefühls spüre, vermeide ich es, Entscheidungen zu treffen, Diskussionen zu führen oder zu streiten. Ich nehme es nur wahr, wie es ist
Ich mache mir bewusst, dass es sich um eine vorübergehende Momentaufnahme handelt
Ich erinnere mich an die positive Funktion des Gefühls
Ich weiß, dass ich nicht der Sklave dieser Emotion bin und nicht darauf reagieren muss
Das Gefühl wird sich beruhigen, wenn ich es nicht verdränge und gleichzeitig nicht auf es reagiere
Sobald es mich losgelassen hat, handle ich entsprechend und suche das Gespräch oder höre darauf, was die Emotion mir mitteilen wollte
Kurz gesagt: Lass dein Ego los. Du bist nicht das Gefühl, nur weil ein evolutionär geprägtes und automatisiertes Programm in diesem Moment wahrnehmbar ist.
Das erste Mal wurde mir dieses Phänomen bewusst, als ich eine Depression durchlebte. Das führt mich zum Paradox unangenehmer Gefühle.
Das Paradox unangenehmer Gefühle
Es war ein gemütlicher Grillnachmittag mit Freunden, bei dem auch die Eltern des Gastgebers anwesend waren. Die Mutter meines Freundes saß neben mir und erzählte von ihrem Kaffeeplausch mit einer Freundin. Sie führte aus: „Normalerweise halte ich nicht viel von der regionalen Zeitschrift Rheinpfalz“, sagte sie. „Aber heute habe ich einen interessanten Artikel gelesen.“
Der Artikel erklärte, dass auch Depressionen eine evolutionäre Funktion haben. Sie zwingen dich, innezuhalten und das, was du gerade tust, zu überdenken. Ihre Aufgabe ist es, dir zu signalisieren, dass du dich auf einem Weg befindest, der zu weit von deinen eigenen Bedürfnissen entfernt ist. Die Depression gibt dir die Chance, das zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um dein Leben wieder in eine Richtung zu lenken, die besser zu dir passt.
Ihre Worte fand ich äußerst faszinierend. Während einer Depression ist es jedoch schwer, solche Erkenntnisse zu begreifen. Diese Krankheit hat eine solche Intensität, dass man oft hört: Nur wer sie selbst erlebt hat, kann ihre Wucht wirklich verstehen. Außenstehende unterschätzen sie meist erheblich. Deshalb ist professionelle Hilfe immer wichtig. Trotzdem habe ich mir den Gedanken bewahrt, in der Depression auch eine potenziell positive Funktion zu erkennen.
Wie gesagt, ich beanspruche nicht, die absolute Wahrheit zu kennen. Es sind Anstöße zum Nachdenken. Was denkst du darüber?
Das Paradox der Gefühle liegt in ihrer negativen Empfindung und ihrer positiven Funktion.
Wir brauchen diese unangenehmen Empfindungen, denn ohne sie würden wir uns nicht mit den zugrunde liegenden Problemen auseinandersetzen. Diese Gefühle sind zu wichtig, um sie zu ignorieren. Doch wenn wir uns um sie kümmern, fühlen wir uns oft besser – so wie nach einem klärenden Gespräch in einer Beziehung, das vielleicht durch ein Gefühl wie Eifersucht ausgelöst wurde.
Schauen wir uns einige Gefühle genauer an. Du weißt, wie sie sich anfühlen, aber vielleicht interessieren dich auch ihre positiven Funktionen.
Eifersucht beispielsweise signalisiert, dass eine Beziehung in Gefahr sein könnte. Ihr Ursprung liegt in der Angst vor Verlust und ist letztlich mit dem Wunsch verbunden, das eigene Überleben und die Fortpflanzung zu sichern. Wenn du eifersüchtig bist, willst du im Grunde die Beziehung zu einem geliebten Menschen schützen und bewahren.
Neid und Eifersucht sind nicht dasselbe. Während Eifersucht darauf hinweist, dass eine Beziehung gefährdet ist, bedeutet Neid, dass du etwas begehrst, was eine andere Person besitzt.
Neid ist ein innerer Antrieb und ein bemerkenswert raffinierter Mechanismus. Seine Funktion besteht darin, dich anzuspornen und Energie zu investieren, um für deine Gemeinschaft mehr Ressourcen zu schaffen, was wiederum die Überlebens- und Fortpflanzungschancen der Gruppe erhöht. Zudem hilft Neid, soziale Hierarchien zu verstehen – eine Struktur, die manchmal notwendig ist, um als Gruppe koordiniert und erfolgreich zu agieren.
Liebe verbindet zwei Menschen auf eine Weise, die so stark ist, dass das Leben ohne diese Person unvorstellbar erscheint. Dieses Gefühl fördert nicht nur tiefe Bindungen, sondern sichert auch das Überleben und die Fortpflanzung.
Schuld empfinden wir, um eine Beziehung zu heilen, die wir vernachlässigt haben oder in der wir einen Fehler gemacht haben. Sie dient als innerer Antrieb, um Wiedergutmachung zu leisten und das Gleichgewicht in unseren Beziehungen wiederherzustellen.
Ärger hat oft die versteckte Absicht, Beziehungen zu reparieren, besonders wenn wir das Gefühl haben, nicht genug beachtet, wahrgenommen, wertgeschätzt oder respektiert zu werden. Die Botschaft lautet: "Behandle mich besser, sonst werde ich es dich spüren lassen." Eine interessante These, die auch das Verhalten politischer Extremwähler erklären könnte.
Wenn du dich wieder einmal über einen Arbeitskollegen ärgerst, denke daran: Dieser Ärger ist ein uralter Mechanismus, der dir signalisiert, dass es wichtig sein könnte, die Beziehung zu dieser Person zu bewahren, um langfristig dein Überleben zu sichern.
Frage dich in solchen Momenten: Ist dieser Kollege wirklich entscheidend für mein Überleben? Ich habe auch die Erfahrung gemacht, eine Tasse Kaffee, ein Stückchen Kuchen und eine halbe Stunde Abstand sind sehr wirksame Therapiemaßnahmen!
Soziale Gefühle und weniger soziale Gefühle
Es ist auch spannend zu erkennen, dass manche Gefühle stärker sozial geprägt sind als andere. Schuld, Ärger und Scham gehören zu den sozialen Emotionen, während Ekel weniger sozial ist. Ekel dient in erster Linie dem Schutz vor Infektionen und trägt damit zur Sicherung des Überlebens bei.
Es ist nicht immer leicht, die positive Funktion hinter einem Gefühl zu erkennen. Scham ist besonders unangenehm, da sie mit der Angst verbunden ist, den sozialen Status zu verlieren oder ausgeschlossen zu werden. Du kannst sogar Scham empfinden, selbst wenn du völlig unschuldig bist – allein weil die Gruppe glaubt, du hättest etwas Beschämendes getan.
Interessanterweise passt sich Scham an die gesellschaftlichen Normen der jeweiligen Zeit an. Was heute im 21. Jahrhundert als beschämend gilt, könnte im 22. Jahrhundert möglicherweise kein Grund zur Scham mehr sein.
Die positive Funktion von Scham ist, dass sie uns davon abhält, uns schamlos zu verhalten. Ohne das unangenehme Gefühl des Sich-Schämens könnten wir uns in einer Weise verhalten, die soziale Normen und Rücksichtnahme komplett ignoriert.
Das Gegenstück zur Scham ist der Stolz. Stolz motiviert uns dazu, unsere Erfolge zu zeigen und unseren Status zu erhöhen. Interessanterweise passt sich Stolz ebenfalls an die Erwartungen der Gesellschaft an, je nachdem, worauf dein Umfeld Wert legt. Dennoch steht Stolz oft im Schatten, da Angeber selten gern gesehen sind.
Ein faszinierendes Phänomen: Wenn es dir schlecht geht und vor allem, wenn man es sehen kann, wie bei einem gebrochenen Bein und traurigem Gesichtsausdruck, erhältst du häufig viel Zuspruch. Doch wenn es dir gut geht und du erfolgreich bist, erfährst du oft weniger Unterstützung, weil Mitmenschen mit ihrem eigenen Neid zu kämpfen haben.
Mich würde interessieren, ob du das ähnlich erlebst. Eine Frage, die das verdeutlicht: Wie viele Menschen könntest du anrufen, die dir ehrlich gut zusprechen, wenn es dir schlecht geht? Und wie viele könntest du anrufen, die sich ehrlich mit dir freuen, wenn du einen großen Erfolg erzielt hast?
Das Gefühl der Überraschung ermöglicht es uns, in Bruchteilen einer Sekunde zu bewerten, ob eine Situation positiv oder negativ ist und welchen automatischen, orchestrierten Modus unser Gefühlssystem annehmen muss. Überraschung tritt auf, wenn ein erwartetes Erfahrungsmuster durch etwas Unerwartetes oder Unbekanntes durchbrochen wird.
Ehrfurcht oder Erstaunen sind notwendig, um mehr Informationen zu sammeln, wenn wir eine Situation nicht vollständig verstehen. Sie helfen uns dabei, neue Erfahrungen zu verarbeiten und uns besser darauf vorzubereiten, beim nächsten Mal angemessener zu reagieren.
Eine interessante These: Selbst unsere Nachrichten, wie die Tagesschau, sind ein Spiegelbild unserer Gefühlswelt. Um unser Überleben und unsere Fortpflanzung zu sichern, beschäftigen wir uns instinktiv mit negativen Szenarien. Es ist wichtig, potenzielle Gefahren zu erkennen und darauf vorbereitet zu sein.
Diese Alarmbereitschaft hilft uns, unsere Gene weiterzugeben. Die wahre Währung der Nachrichten ist die Aufmerksamkeit. Sie treibt Einschaltquoten, Verkaufszahlen und Klicks in die Höhe. Unsere Natur bringt uns dazu, negative Nachrichten zu priorisieren und unsere Aufmerksamkeit auf sie zu richten.
Wenn wir die Nachrichten objektiv betrachten würden, müssten sie etwa zur Hälfte positive Meldungen enthalten. Doch unsere Nachrichten sind alles andere als eine neutrale Darstellung der Welt. Stattdessen spiegeln sie unsere vorsichtige Natur wider. Man könnte sie als ein Alarmsystem betrachten, das häufig Fehlalarme auslöst. Wie Mark Twain es so treffend ausdrückte:
„Ich hatte in meinem Leben unzählige Probleme, doch 99% davon sind nie eingetreten.“
Rauchmeldersystem
Ein Rauchmelder hat die Aufgabe, im Notfall Leben zu retten. Deshalb ist er bewusst sehr sensibel und weit gefasst eingestellt. Er ist kein präziser Detektor, der gezielt und exakt Informationen liefert.
Nach dem Motto „better safe than sorry“ schlägt er Alarm, ohne sicher zu wissen, ob wirklich Gefahr besteht oder ob es sich nur um Dampf aus der Küche handelt, der einen Fehlalarm auslöst.
Unsere Gefühle funktionieren oft auf ähnliche Weise. Stell dir vor, es raschelt im Gebüsch in der Steinzeit. Ist es nur der Wind oder ein gefährliches Raubtier? Wenn dein Gefühlssystem nur dann Alarm schlagen würde, wenn es eindeutige Informationen hätte, käme die Warnung zu spät.
Daher muss es frühzeitig Alarm geben, was zu zahlreichen Fehlalarmen führen kann. Dieses Phänomen zeigt sich manchmal bei Panikattacken. Objektiv betrachtet mag die Panik oft unbegründet sein, doch das Gefühl ist dennoch da. Viele Betroffene denken dann, mit ihnen stimme etwas nicht. Doch es kann hilfreich sein zu verstehen, dass mit ihnen im Grunde alles in Ordnung ist. Dieses System ist ein natürliches, über Generationen eingeprägtes Überlebensprogramm. Damit ist das Problem zwar noch nicht gelöst, aber es schafft Verständnis.
Ein unangenehmes Gefühl mag sich schlecht anfühlen, doch es ist nicht das eigentliche Problem. Vielmehr ist es ein Signal, das darauf hinweist, dass es ein ungelöstes Problem gibt, das du angehen kannst.
Ohne Gefühle wären wir weniger intelligent, nicht klüger
Gefühle und Emotionen sind entscheidend dafür, dass wir uns intelligent verhalten. Das zeigt sich bei Menschen, die bestimmte Emotionen nicht wahrnehmen können. Ähnlich wie bei Personen mit gestörtem Schmerzempfinden oder ohne Hunger- oder Sättigungsgefühl beeinträchtigt das Fehlen von Emotionen unsere Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen.
Ohne die Fähigkeit, Gefühle, Emotionen und Intuition zu empfinden, könnten wir nicht einmal die einfachsten Entscheidungen treffen, wie etwa, auf welchem Stuhl wir in einer Halle sitzen oder ob wir jemanden lieber am Freitag oder Sonntag treffen wollen.
Manche Gefühle sind sichtbar, andere bleiben verborgen
Es ist faszinierend, dass manche Gefühle universell sichtbar sind. Selbst wenn wir die Sprache einer fremden Kultur nicht verstehen, können wir anhand von Gestik, Mimik und Körpersprache erkennen, ob jemand traurig, fröhlich oder ängstlich ist.
Andere Gefühle hingegen bleiben unsichtbar.
Neid, Schuld und Eifersucht sind Emotionen, die wir nicht direkt an der Mimik ablesen können. Wahrscheinlich liegt das daran, dass es mit bestimmten Risiken verbunden wäre, wenn man uns diese Gefühle ansehen könnte. Während Trauer oder Freude meist keine negativen Konsequenzen nach sich ziehen, könnten sichtbare Anzeichen von Neid oder Eifersucht zu unerwünschten Reaktionen führen.
Gefühle, die andere Gefühle auslösen
Manchmal empfinden wir ein Gefühl über ein anderes Gefühl. Vielleicht fühlen wir uns in bestimmten Situationen immer wieder ängstlich, auch wenn es keinen offensichtlichen Grund dafür gibt. Dann ärgern wir uns darüber, dass wir uns ständig ängstlich fühlen, und dieser Ärger wird zum sekundären Gefühl.
Es kann hilfreich sein, diesen Zusammenhang zu verstehen, um sich von den sekundären Emotionen zu befreien. Indem wir das primäre Gefühl – in diesem Fall die Angst – als eine völlig normale und natürliche Reaktion akzeptieren, können wir lernen, besser mit unseren Emotionen umzugehen.
Gefühle verstehen
Gefühle haben einen evolutionären Ursprung und erfüllen jeweils eine bestimmte Funktion. Sie signalisieren uns, dass es ein Problem gibt, das gelöst werden muss. Doch welches genau? Da Gefühle oft nicht präzise, sondern eher diffus und unterschiedlich intensiv sind, kann es hilfreich sein, sich die Frage zu stellen:
Warum ist dieses Gefühl überhaupt da?
Was möchte es mir sagen?
Um das herauszufinden, ist es manchmal notwendig, Abstand vom Alltag zu nehmen und sich nicht abzulenken. Statt das Gefühl mit Medien, Aufgaben, Arbeit, Alkohol, Zucker, Nikotin oder anderen Ablenkungen zu betäuben, lohnt es sich, bewusst darauf zu verzichten und das Gefühl wahrzunehmen.
Dann kannst du dir in Ruhe die Frage stellen: Warum fühle ich das überhaupt? Die Antworten liegen meist in deinem Inneren. Da Gefühle manchmal wie Rauchmelder agieren und Fehlalarme normal sind, kannst du dich auch fragen: Gibt es einen echten Grund, dieses Gefühl zu empfinden, oder handelt es sich um einen Fehlalarm? Häufig weist das Gefühl jedoch auf ein Problem hin, das gelöst werden möchte – oft geht es um verletzte Bedürfnisse oder Beziehungen.
Emotionen sind universell, auch wenn sie durch Sprache gefärbt werden
Es gibt die Theorie, dass ein Gefühl oder ein Gedanke schwerer wahrzunehmen ist, wenn es keinen entsprechenden Begriff in der Sprache gibt. Auch wenn in dieser Theorie ein Körnchen Wahrheit steckt, sind viele Emotionen universell verständlich, selbst wenn es kein genaues Wort dafür gibt. Ein gutes Beispiel ist die Schadenfreude. Jeder Mensch kennt dieses Gefühl, doch in vielen Sprachen existiert kein passender Begriff dafür. In Deutschland hingegen gibt es das Wort, was das Konzept greifbarer macht. Menschen, deren Sprache kein Wort für Schadenfreude hat, verstehen das Gefühl trotzdem, auch wenn sie überrascht sein könnten, dass es Sprachen gibt, die es so präzise benennen.
Welche Gefühle gibt es eigentlich?
In der Literatur wird häufig zwischen primären und sekundären Gefühlen unterschieden. Zu den primären Gefühlen zählen Angst, Trauer, Freude, Wut, Ekel und Überraschung. Auffällig ist, dass viele dieser Grundgefühle negativ gefärbt sind.
Obwohl dies ein Gedankentropfen Special ist, können hier nicht alle weiteren Gefühle umfassend behandelt werden, denn die Bandbreite menschlicher Gefühle ist enorm.
Um ein paar Beispiele zu nennen: Bewunderung, Zuneigung, Sorge, Sehnsucht, Mitleid, Verlegenheit, Betroffenheit – die Liste ließe sich nahezu endlos fortsetzen. Tatsächlich müsste man ein ganzes Buch schreiben, um die Vielfalt unserer Gefühlswelt zu beschreiben.
Was ist mit den positiven Gefühlen?
Der Fokus in diesem Special liegt auf den negativen Gefühlen, und Hand aufs Herz, vermutlich interessiert dich auch am meisten, wie man mit ihnen umgehen kann. Aber natürlich gibt es jede Menge positiver Gefühle, die den evolutionären Vorteil haben, unsere Motivation zu erhöhen und uns als Belohnung für die Strapazen des Lebens zu dienen.
Auch sie fördern das Überleben und die Fortpflanzung. Nicht umsonst streben viele von uns nach erfüllenden Beziehungen, Momenten der Nähe und Sexualität. Diese positiven Emotionen helfen uns, uns zu erholen, Stress abzubauen, unsere Neugier zu fördern und tiefe Bindungen zu stärken.
Ein Gefühl lässt uns die Kosten der Zukunft spüren
Gefühle ermöglichen es uns, potenzielle Risiken der Zukunft schon im Hier und Jetzt wahrzunehmen.
Wenn wir beispielsweise in einer Beziehung Wut oder Ärger empfinden, ist das oft Ausdruck der Furcht vor einem möglichen Verlust dieser Beziehung in der Zukunft. Gefühle helfen uns dabei, diese möglichen hohen Kosten rechtzeitig zu erkennen und ermöglichen es uns, Maßnahmen zu ergreifen, um eine schmerzhafte Zukunft zu vermeiden.
Das Glück der unangenehmen Gefühle
Genau genommen steckt ein gewisses Glück in unseren unangenehmen Gefühlen. Wenn wir uns bewusst machen, dass sie ein orchestriertes, evolutionäres Programm sind, das uns hilft, das Leben besser zu verstehen, es zu meistern und auf notwendige Veränderungen aufmerksam zu machen, können wir eine gewisse Dankbarkeit für sie empfinden. In diesem Bewusstsein liegt das Glück in den unangenehmen Gefühlen.
Gefühle leiten uns mehr als unser Verstand
Gefühle leiten unser Verhalten, unsere Worte und unsere Entscheidungen.
Auch wenn dein rationaler Verstand beim Lesen dieser Zeilen vielleicht gerade versucht, eine plausible Erklärung zu finden, warum es absurd ist zu behaupten, dass Gefühle uns leiten, ist es wahrscheinlich ein Gefühl, das genau diese Überlegungen antreibt.
Tatsächlich gibt es viele Beispiele dafür, dass Gefühle die wahren Antreiber unserer Verhaltensweisen sind. Nehmen wir die Freundschaft als konkretes Beispiel.
Freundschaften sind uns allen wichtig, auch wenn wir oft nicht genug Zeit für sie haben.
Doch wie entsteht eine Freundschaft, wie wird sie gepflegt, wie wächst sie oder scheitert sie? All das wird von unseren Gefühlen beeinflusst. Es fühlt sich gut an, Zeit mit einem Freund zu verbringen, und es schmerzt, wenn man sich hintergangen, übersehen oder kritisiert fühlt.
Diese unangenehmen Gefühle haben die Funktion, die Freundschaft zu schützen, weil uns gute funktionierende Freundschaften einen Überlebens- und Fortpflanzungsvorteil sichern.
Ein Versuch Gefühle verständlich zu machen
Das mag nüchtern klingen, doch es geht hier nicht darum, eine unangenehme Theorie angenehm zu verkleiden, sondern um die ehrliche Suche nach einer möglichst genauen Antwort auf die Frage, was Gefühle sind. Klingt, als würde man eine Kurve mit einem Lineal messen, oder?
Diese komplexen, oft diffusen, orchestrierten, psychologischen und körperlichen Zustände verändern sich schneller, als der Wind die Richtung wechselt. Gefühle bleiben ein Mysterium, und ihr Einfluss auf uns ist tiefgreifend.
Dieses Gedankentropfen Special ist ein Versuch, zu erklären, warum es Gefühle gibt, welche positiven Funktionen sie haben und wie wir mit ihnen umgehen können. Denn es gibt auch Lineale, die Kurven messen können. Man nennt sie Kurvimeter oder Opismeter. Was man nicht alles lernt beim Verfassen dieser Gedankentropfen – faszinierend!
Mich interessiert sehr, was du dazu denkst – oder besser gefragt: Wie fühlt sich das für dich an?
Heutige Kerntropfen
Sozialer Ausschluss bedeutete früher den sicheren Tod. Um das Zusammenleben zu steuern, entwickelten sich Gefühle, die uns helfen, soziale Dynamiken zu verstehen und einzuordnen. Die tief verwurzelte Angst vor Ausschluss lebt immer noch in uns – mit erstaunlicher Kraft und Wirkung.
Ein negatives Gefühl hat eine positive Funktion
Ein Gefühl ist nicht das Gefühl an sich, sondern ein orchestrierter Mechanismus mit vielfältigen Auswirkungen auf Psychologie und Physiologie
Wir können Gefühle bewusst beobachten und lenken, statt uns von ihnen beherrschen zu lassen
Eine Möglichkeit, ein Gefühl zu regulieren, besteht darin, es wahrzunehmen, ohne es zu verdrängen und ohne es verändern zu wollen, bis es dich loslässt
Ein Gefühl versetzt uns in einen bestimmten Modus. Der Angstmodus verändert unsere Wahrnehmung auf eine andere Weise als der Neid-Modus
Ein Gefühl ist meist auf ein naheliegendes Problem gerichtet und sichert unser Überleben und unsere Reproduktion
Paradox der Gefühle: Negative Gefühle fühlen sich unangenehm an. Wir vermeiden den Stress, den sie verursachen, doch ihre Absicht ist positiv
Gefühle beeinflussen unser Verhalten oft stärker als rationales Denken und sind entscheidend für soziale Interaktionen und Bindungen
Gefühle warnen uns frühzeitig, auch wenn es sich manchmal um Fehlalarme handelt, ähnlich wie ein sensibler Rauchmelder
Manche Gefühle sind sichtbar, andere nicht
Auch wenn Gefühle irrational scheinen, haben sie eine logische, evolutionäre Entstehungsgeschichte und erfüllen eine positive Funktion
Eine wichtige Frage, die du dir stellen kannst: Was möchte mir das Gefühl sagen?
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